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Politik und Persönliches lassen sich nicht trennen

21. Oktober 2021

Beitrag im WB vom September 2021

Die persönlichen Meinungen und Erfahrungen dürfen die politische Haltung beeinflussen. Ja, die Stimmberechtigten haben sogar Anspruch zu wissen, wie die von Ihnen gewählten Leute ticken. Deshalb ein persönlich geprägter Rückblick auf die September-Session des Kantonsrats.

Beispiel 1, Tagungsort des Kantonsrats: Nichts gegen den aktuellen Tagungsort Stadthalle Sursee mit den grosszügigen Platzverhältnissen. Aber ein Kantonsparlament gehört in den Kantonsratssaal! Sobald es möglich ist, «im eigenen Haus» zu tagen, ist das staatspolitische Pflicht. Dafür braucht es aber Solidarität und Kollektivverantwortung. Wir Kantonsrätinnen und Kantonsräte könnten nach Luzern zurückkehren, wenn wir die „drei G“ erfüllen würden. Es braucht dazu das Einverständnis eines jeden einzelnen Kantonsrats. Es muss nicht jeder geimpft sein, Tests würden reichen. Alle Kantonsräte ausser einige Mitglieder der SVP waren einstimmig damit einverstanden. Persönlich kann ich es nicht verstehen, dass sich die SVP als einzige Kraft querstellt. Damit leisten sie dem Staat und der Glaubwürdigkeit der Politik einen Bärendienst. Erstens kostet ein Sessionstag in Sursee rund 60’000 Franken mehr – sonst will immer jeder sparen. Zweitens sind wir als Kantonsrat ein schlechtes Vorbild für die Bevölkerung. Wasser predigen und Wein trinken…

Beispiel 2, Diskussionskultur: Persönlich macht mir unsere zunehmende raue, ja hässige Diskussionskultur in unserem Land Sorgen. Wir brauchen wieder mehr Toleranz. Ob man geimpft ist oder dies nicht will, es ist ein persönlicher Entscheid. Wir müssen akzeptieren, dass es Menschen gibt, die sich nicht impfen lassen wollen. Dafür gibt es die „Drei G`s“. Auch Impfgegnerinnen und Impfgegner müssen allerdings die Tatsachen akzeptieren. Es sind nun mal um 90 Prozent der Hospitalisierten ungeimpft und die Impfung ist die bessere Alternative zum Lockdown. Lassen wir aber nicht zu, dass wir in diese zwei Gruppen gespalten werden. Dazu ist gegenseitige Akzeptanz dringend nötig.

Beispiel 3, Namenswechsel: Ein paar persönliche Gedanken auch im Zusammenhang mit dem unmittelbaren Ratsbetrieb der September-Session. Der Namenswechsel von CVP zu Mitte wurde beschlossen. So haben wir unsere Voten das erste Mal mit dem neuen Namen „die Mitte“ gehalten. Da besteht auch für mich noch Gewöhnungsbedarf. Zur Auflockerung: „Vergehen“ werden fraktionsintern mit einer Strichliste geahndet, wer am meisten „Strechli“ hat, schuldet der Fraktion eine Runde Getränke. Gut möglich, dass ich den Kopf, respektive das Portemonnaie  hinhalten muss. Na dann halt…

Beispiel 4, selber im Spital: Wir haben dem Ausbau des Bahnhofs Rothenburg und dem neuen Kostenteiler für das Luzerner Theater genehmigt sowie Themen aus dem Gesundheitsbereich behandelt. Unserer Fraktion ist klar, dass das Personal am Anschlag ist. Dies habe ich kürzlich persönlich erfahren, als ich mit gebrochenen Rippen an einem Samstag-Nachmittag in die Notaufnahme eingeliefert wurde und einige Tage im Spital war. Ich wurde zwar durchwegs gut behandelt, aber der Druck war spürbar. Wegen wichtiger Notfälle musste ich mehrere Stunden auf den Befund warten, die chirurgische Abteilung stand enorm unter Druck, die Zeit vertieft auf den Patienten einzugehen fehlte und selbst bei den Ärzten war die Anspannung spürbar.  Wie gesagt, ich beklage mich nicht, ich wurde gut behandelt, medizinisch und auch als Mensch. Aber auch im Interesse des Gesundheitspersonals sollten wir – halt einfach – impfen. Beispiel 5, Strassenverkehr: In der Verkehrs- und Baukommission behandeln wir zur Zeit die Anti-Stau-Initiative. Sie verlangt eine höhere Gewichtung des Strassenverkehrs. Trotz aller Bemühungen nimmt der Individualverkehr von Jahr für Jahr zu und die Probleme mit Stau werden grösser. Die Anti-Stau-Initiative ist aber das falsche Mittel. Wir müssen deshalb nach einer „Mitte“-Lösung suchen, die einen gangbaren Kompromiss für alle Beteiligten bringt. Auch im Verkehr brauchen wir mehr Toleranz.