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Brief aus Luzern vom 10. Oktober

14. Oktober 2017

Lozärn bi de Lüt: Bonjour – back in Switzerland!

Wir haben politisch turbulente Wochen hinter uns. Nicht nur national, auch kantonal. Oder sagen wir: vor allem kantonal. Zum Glück sind diese Turbulenzen unter dem Strich gut ausgegangen. Ich stelle fest, dass unser Kanton Luzern wieder „bi de Lüt“ ist. Wer es etwas staatsmännischer ausgedrückt möchte: Der Kanton Luzern ist innerhalb der Schweiz kein Exot mehr, wir sind bei den Gepflogenheiten, den Themen und Problemen unseres Landes wieder „in der Schweiz angekommen“. Dafür sehe ich vier Gründe:

Bildungspolitisch: Die Volksabstimmung über nur noch eine Fremdsprache in der Primarschule ist deutlich abgelehnt worden. Ich bin froh um diesen Entscheid. Luzern wäre eine Sprachinsel geworden. Ich finde es gut, dass unsere Bevölkerung wie in den letzten Monaten verschiedene andere Kantone auch einen Alleingang abgelehnt haben. Verlierer wären unsere Jungen gewesen, die insbesondere in der Berufsbildung gegenüber Kolleginnen und Kollegen aus anderen Kantonen benachteiligt gewesen wären. Wir sind also bildungspolitisch wieder „bi de Lüüt“. Aber der ansehnliche Ja-Anteil bei der Abstimmung bringt zum Ausdruck, dass beim Sprachenunterricht Verbesserungen nötig sind. Genau mit diesen Erwartungen, mit diesen Herausforderungen sind wir nicht allein, sondern „bi de Lüt“, das beschäftigt auch die anderen Kantone.

Finanzpolitisch: Endlich, endlich sagt die Schweiz „Bonjour“ zu uns, weil auch wir wieder ein Budget haben. Wow – Luzern hat ein Budget! Doch Achtung, stolz dürfen wir nicht sein, dass es unser Kanton erst nach acht Monaten geschafft hat, ein Budget zu verabschieden. Erst recht, weil das Budget 2017 mit unschönen Folgen, wie die Rückerstattung der Prämienverbilligung der Krankenkassenbeiträge oder der Kürzung der Kulturbeiträge verbunden ist. Das ist hart und trifft den Mittelstand.
Allerdings hat das Volk der Regierung und damit auch dem Kantonsrat mit der Ablehnung der Steuererhöhung am 21. Mai 2017 den Auftrag zum Sparen und Abbauen gegeben. Ich hätte es mir anders gewünscht, aber wir haben nun mal diesen Auftrag umzusetzen. Nun, wir haben für knappe 100 Tage ein Budget! Die Diskussion geht aber weiter. Im Dezember werden wir über das Budget 2018 befinden. Auch dort werden wir sicher wieder Massnahmen treffen müssen, die wehtun. Manche täuschen sich aber, wenn sie davon ausgehen, der bürgerliche Schulterschluss halte nur für das verabschiedete Budget 2017.

Verkehrspolitisch: Wie in allen Kantonen findet auch bei uns ein Ringen um die Strassen statt. An der nächsten Session werden wir über die Botschaft zur Einreihung der Kantonsstrassen befinden. Was in unserer Region für Diskussionen sorgte und sorgt ist die Niederwilerstrasse. Sie wurde vor zwei Jahren mit 40 zu 45 Stimmen nur knapp nicht in das Kantonsstrassennetz aufgenommen – die Folge: die Forderung einer Anpassung der Kriterien für eben diese Aufnahme. Wir Kantonsräte sind nun aber doch sehr erstaunt um nicht zu sagen irritiert, dass der Regierungsrat in der jetzt vorliegenden Botschaft schreibt, die Festlegung der Kriterien sei nicht Sache des Kantonsrates, obwohl genau diese immer wieder als Argumentation bei der Einreihung herangezogen wurden.
Die Kriterien hat nun der Regierungsrat einfach ohne Einfluss der Öffentlichkeit neu definiert. Neu erfolgt die Einreihung der Strassen auch jeweils ein Jahr vor der Diskussion um das Bauprogramm. Es ist offensichtlich, dass die Regierung damit jegliche Diskussion um das Kantonsstrassennetz verhindern will. Sie geht dabei sogar so weit, dass Verbindungen von kantonalen und ausserkantonalen Zentren gestrichen werden. Auch Verbindungsstrassen, die Ortsdurchfahrten verhindern, sollen künftig kein Kriterium mehr sein. Dieses Vorgehen ist unfair und einmal mehr werden die Randregionen durch Sparmassnahmen wesentlich benachteiligt.

Staatspolitisch: Damit zu Stadt und Land! Ja die momentane Situation macht mir Sorgen. Konkret: Die Stadtbevölkerung will keinen Mehrverkehr, was ich verstehe. Aber wenn die Stadt schon das Zentrum und der „Motor des Kantons“ sein will, wie immer betont wird, dann muss sie aus Sicht der Landschaft erreichbar sein. Mit dem öffentlichen Verkehr UND mit dem Individualverkehr. Das heisst: Es braucht Lösungen mit Parkhäusern am Stadtrand oder in der Agglomeration. Für Carparkplätze müssen Ersatzlösungen getroffen werden, bevor man diese einfach streicht. Nochmals: Die Stadt muss für die Landschaft und für unser Gewerbe erreichbar bleiben. Sollte die Spange Nord abgelehnt werden, ist der Bypass gefährdet. Diese Projekte sind für die ganze Region rund um Luzern ungemein wichtig und dürfen nicht wegen lokalen Differenzen – wegen fehlendem Verständnis der Stadtbehörden für die Anliegen der Landschaft – gefährdet werden.
Aber mit dem Graben zwischen Stadt und Land und mit der Aufgabe darüber Brücken zu bauen – mit dieser Herausforderung sind wir in der Schweiz in bester Gesellschaft. Das belastet fast alle Kantone. Also auch hier: back in Switzerland!
WB 10.10.17